Ein Hoch auf den Amateur-Fußball

Die Medien und Zeitungen berichten täglich über die Großen im Fußball. Bayern München hat wieder einmal gewonnen und Borussia Dortmund möchte für ein hohen zweistelligen Millionenbetrag irgendein Talent kaufen. Cristiano Ronaldo hat eine neue Freundin und hat mal wieder vier Tore geschossen, ohne dabei die Friseur zu beschädigen. Diese und weitere Meldungen prasseln jeden Tag auf die Fußballnation Deutschland ein, wie die Regentropfen im Herbst.

Fast jeder schaut gerne Profi-Fußball. Die tollen Stadien, das Medieninteresse mit den zahllosen Interviews und technisch sauber aufbereiteten Analysen zu Ballbesitz und gewonnen Zweikämpfen. Und natürlich können Fußballprofis wie Mats Hummels einen Ball 50 meterweit dem Mitspieler in den Fuß spielen. Es ist auch für jeden Taktikliebhaber ein Genuss zu sehen, wie die Mannschaften aus dem Oberhaus die einzelnen Abwehrreihen gekonnt verschieben, das Stellungsspiel perfektionieren und mit unendlichen Ballstafetten den Gegner mürbe spielen.

Was jedoch in den letzten Jahren ein immer größeres Problem der Top-Ligen weltweit wird, ist die fehlende Identifizierung mit den wahren Werten des Fußballs. Werte wir Zusammenhalt, Treue zum Verein, Leidenschaft, Hingabe. Besonders in hochkommerzialisierten Ligen wie in England, ist dieser Frust deutlich zu spüren. Aber auch in Deutschland sieht man es immer häufiger, dass sich die Fans mit der Vereinsführung und den Spielern überwerfen.

Zurück zu den Wurzeln
Doch es gibt einen Ort, wo man diese Leidenschaft noch erleben kann. Einen Ort, wo am Wochenende die Väter ihre Kinder zu den Spielen begleiten, um sich kurz darauf selbst die Fußballschuhe zu schnüren. Einen Ort, wo es keine Weißbier-Dusche nach der Meisterschaft gibt, aber einen Kasten Bier nach jedem Spiel.

Der Amateurfußball lebt von der Hingabe seiner Spieler und ehrenamtlichen Helfer. Hier sitzt der Vorstandsvorsitzende nicht in der Vip-Lounge und klatscht bei einem Tor verhalten, um sich im nächsten Moment wieder mit dem Finanzvorstand über die nächste Werbereise der Mannschaft nach China zu unterhalten. Hier zieht sich der Vorstandsvorsitzende die Torwarthandschuhe an und hilft aus, weil der eigentliche Torwart nach einer Nachtschicht verschlafen hat. Es sind Geschichten, die nur der Amateurfußball schreiben kann. In Zeiten, wo die Kluft zwischen Fans und Vereinen immer größer wird, gewinnt der Amateurbereich an Beliebtheit und medialer Aufmerksamkeit. Es gibt mittlerweile zahlreiche Webseite, Magazine und Facebook-Fanpages, die sich ausschließlich dem Amateurfußball widmen.

Fast so viel Wertschöpfung wie die Bundesliga       
Den Deutsche-Fußball-Bund (DFB) gibt es nunmehr seit 116 Jahren und er zählt so viele Mitglieder wie nie zuvor. Laut dem DFB sind das mittlerweile knapp 7 Millionen. Wie viele davon auf die ersten drei Profi-Ligen ausfallen, kann sich jeder selbst ausrechnen. Der Großteil grätscht, schießt und passt – mit mal mehr und mal weniger Präzision – in den unteren Ligen der Nation. Über 25.000 Fußballvereine mit mehr 160.000 Mannschaften sind in 21 Landesverbänden deutschlandweit organisiert.

Diese Mannschaften trugen 1,8 Millionen Fußballspiele aus. Das macht im Schnitt 5.000 Spiele – jeden Tag! Hinzu kommen die 1,7 Millionen ehrenamtlichen Helfer, ohne die das ganze System Amateurfußball in sich zusammenbrechen würde. Der DFB hat vorgerechnet: Wenn man die 120 Millionen Arbeitsstunden, die die ehrenamtlichen Helfer jedes Jahr leisten, mit einem fiktiven Stundenlohn von 15 Euro berechnen würde, eine Wertschöpfung von 1,8 Milliarden Euro rauskommen würde. Das entspricht nahezu dem Wert der Bundesliga.

Senior football player holding a trophy and celebrating

Organisation ist alles
Eine so große Zahl an Vereinen, Mannschaften und Spielern muss gut organisiert sein. Das passiert in den 2.344 Ligen in Deutschland, die sich auf bis zu 13 Ebenen erstrecken.

Hier ein kleiner Überblick:

  • 1. Ebene: Bundesliga (18 Mannschaften)
  • 2. Ebene: 2. Bundesliga (18 Mannschaften)
  • 3. Ebene: 3. Liga (20 Mannschaften)
  • 4. Ebene: Regionalligen Nord, Nordost, West, Südwest und Bayern (mit jeweils 18 Mannschaften)
  • 5. Ebene: Oberligen; es gibt insgesamt 12 Oberligen, 10 mit einer Staffel und zwei mit 2 Staffeln (jede Staffel hat 16 bis 18 Mannschaften)
  • 6. Ebene: Verbands- und Landesligen; hier gibt es 21 Ligen, die je nach Einzugsgebiet unterschiedlich viele Mannschaften aufweisen.
  • 7. Ebene: Landesverbände; es gibt 21 Landesverbände in Deutschland, die den Großteil des Amateurfußballs organisieren. Darunter kommen dann die jeweiligen Bezirks- und Kreisverbände.

Die Seele des deutschen Fußballs
Der Amateurfußball lebt. Er ist für so viele Menschen in Deutschland nicht nur ein Hobby, er gehört zum Leben dazu. Egal ob in der G-Jugend oder in den Seniorenmannschaften dieser Nation, die Spieler spüren vor jedem Spiel die Aufregung, die Vorfreude auf das nächste Spiel und vor allem das Gefühl des Zusammengehörens. Es sind Verbindungen und Freundschaften, die oftmals ein Leben lang Bestand haben.

Amateurfußball ist, wenn das erste Bier nach dem Spiel schon auf dem Spielfeld getrunken wird, wenn nur 9 Spieler zum Spiel kommen, weil gerade Schützenfest ist, wenn die Mutter, der lautstärkste Ultra am Spielfeldrand ist. Amateurfußball ist aber vor allen Dinge eine Herzensangelegenheit.